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Sammlung Baumfalk
EinführungDie KünstlerDie SammlungDas HandwerkDie Geschichte
„Gisela und Walter Baumfalk gehören zu dem Kreis deutscher Keramiker, die aufbauend auf eine fundierte handwerkliche Lehre sich technische Perfektion erarbeitet haben. Darüber hinaus verfügen sie über ein unangelerntes, natürliches, künstlerisches Empfinden.“1
Seit Ende der 1960er Jahre stellten Gisela und Walter Baumfalk in ihrer Töpferei in Jever Keramiken her, die überregional Beachtung fanden. Im März 2023 beendete das Ehepaar Baumfalk seinen Werkstattbetrieb und schenkte dem Schlossmuseum Jever eine Auswahl seiner besten Werke. Hierbei handelt es sich um kunsthandwerkliche Gebrauchskeramik sowie dekorative Objekte. Allen Stücken gemeinsam ist eine individuelle Ausstrahlung, die ihnen maßgeblich die seitens des Künstlerpaares selbst entwickelten Glasuren verleihen.
Auf den folgenden Seiten wird das im Schlossmuseum Jever befindliche Schenkungskonvolut der Töpferei Baumfalk – die Sammlung Baumfalk – vorgestellt.
1 Die Niedersächsischen Staats- und Förderpreise für das gestaltende Handwerk 1980Förderpreis. Förderpreis des Niedersächsischen Ministers für Wirtschaft und Verkehr 1980: Gisela und Walter Baumfalk, Keramik, o.O., o.J., o.S.
Impressum
Konzept, Texte und Fotos
Dr. Antje Zborowski
„Im Gegensatz zu anderen Kunsthandwerkerehepaaren legen beide Wert auf Gemeinsamkeit. Sie sagen: ‚Grundsätzlich ist unsere Keramik Resultat gemeinsamer Überlegung und Ausführung‘. Mit diesem Satz sagen sie viel über ihre Arbeit und beugen zugleich den bei Partnern naheliegenden Abgrenzungsversuchen vor.“1
Als Gisela und Walter Baumfalk im Jahr 1969 in Jever die „Töpferei Baumfalk“ gründeten, waren beide bereits fachkundige Keramiker. Gisela Baumfalk (*1938 in Hildesheim) hatte nach einem Studium an der Werkkunstschule Münster und einer Werkerzieherausbildung mit anschließendem Schuldienst ein Studium an der Hochschule für Gestaltung in Bremen mit dem Examen in Plastik/Design abgeschlossen. Walter Baumfalk (*1943 in Jever) war als Kunst- und Werkerzieher gleichfalls im Schuldienst tätig gewesen und hatte sich außerdem als Kursleiter für Keramik in Hannover engagiert.
Die Werkstatt in Jever diente beiden Kunsthandwerkern als Ort des intensiven Austauschs und konstruktiven Miteinanders. Sie war ihnen sowohl Arbeitsstätte als auch Ausstellungsraum. Zudem wurden ihre Werke in regionalen, nationalen und internationalen Einzel- und Gruppenausstellungen gezeigt. U.a. waren sie auf der 1978 in London organisierten Exposition „Modern German Ceramics“ vertreten, die sie als zeitgenössische Repräsentanten einer traditionsreichen deutschen Keramikkunst vorstellte. Die Anerkennung im Inland dokumentierte die Verleihung des Förderpreises des Landes Niedersachsen für das gestaltende Handwerk im Jahr 1980. Heute befinden sich Arbeiten des Keramiker- und Künstlerpaares Baumfalk in sowohl privaten als auch öffentlichen Sammlungen.
1 Die Niedersächsischen Staats- und Förderpreise für das gestaltende Handwerk 1980Förderpreis. Förderpreis des Niedersächsischen Ministers für Wirtschaft und Verkehr 1980: Gisela und Walter Baumfalk, Keramik, o.O., o.J., o.S.
„Der Töpfer-Keramiker sieht seinen Aufgabenbereich in der Herstellung gedrehter, aber auch aufgebauter Gefäßkeramik und der Herstellung freier Objekte mit einem oft hohen künstlerischen Anspruch. Nicht die Serie, sondern das Unikat, das erlesene Einzelstück als Gefäß oder als Objekt ist sein Aufgabengebiet. Das ständige Forschen nach weiteren technischen Möglichkeiten und das Erproben auch experimenteller Formen gehört zu seiner täglichen Arbeit.“1
Das Arbeitsgebiet Gisela und Walter Baumfalks umfasste unterschiedliche Kategorien: Gefäßkeramik, gebaute Objekte, Reliefs und Wandgestaltungen sowie Bau-Keramik. Mit Ausnahme der Bau-Keramik sind diese Kategorien in der Sammlung Baumfalk vertreten.
Die Einordnung der Objekte des Konvoluts in die entsprechende Kategorie wurde seitens der Künstler vorgenommen, die desgleichen den jeweiligen Objekttypus, das Material, die Brenntechnik und die Glasur beschrieben.
1 Die Niedersächsischen Staats- und Förderpreise für das gestaltende Handwerk 1980Förderpreis. Förderpreis des Niedersächsischen Ministers für Wirtschaft und Verkehr 1980: Gisela und Walter Baumfalk, Keramik, o.O., o.J., o.S.
Gefäßkeramik
Die Gefäßkeramik kombiniert maßgeblich Zweckorientierung und Ästhetik und zeigt auch deshalb eine reiche Typen- und Gestaltungsvielfalt. Als differenzierbare Untergruppen können Vasen, Dosen, Schalen, Teller und Flaschen benannt werden.
Vase, 1989
weißes Steinzeug mit Pyriteinschlüssen, violette Feldspatglasur
H: 7, 5 cm, D: 11 cm
Dose, 1985
Porzellan, Seladon, kanneliert
H: 12,5 cm, D: 14,5 cm
Flasche, 1974
Roter Ton, braune Feldspatglasur
H: 23 cm, D: 7 cm
Schale („Kumme“), 1979
Rotes Steinzeug, grüne Feldspatglasur, Rand geschnitten und unglasiert
H: 6 cm, D: 23 cm
Teller, 1976
Rotes Steinzeug, grün-blaue Feldspatglasur
H: 5 cm, D: 34,5 cm
Gebaute Objekte
Im Vergleich mit der Gefäßkeramik erweist sich hier der schmückende Aspekt als maßgebend. Es handelt sich um Skulpturen und Plastiken, die über freie oder gebundene Formassoziationen sowie Struktur- und Farbarrangements die experimentierfreudige Suche des Künstlerpaares nach keramischer Kunst exemplifizieren.
Säulenmontage (drei Früchte), 1974
Roter Ton, grüne Feldspatglasuren
H: 29 cm, D: 17 cm
Montage (Signal/Diskus auf Säule), ca. 1969
Weißer Ton, beige Mattglasur und Eisenoxid
H: 31,5 cm; D: 20 cm
Reliefs und Wandgestaltungen
Die Objekte dieser Kategorie haben eindeutig dekorativen Charakter und bilden in besonderer Weise das Können und die Experimentierfreude der Keramikkünstler Baumfalk in Hinsicht auf Material, Struktur und Farbe/Glasur ab. Auch laden speziell diese Objekte zu Assoziation und Interpretation ein. So hieß es bereits im Jahr 1980 unter Bezug auf den Lebens- und Arbeitsmittelpunkt des Paares Baumfalk inmitten der Stadt Jever bzw. der umgebenden friesischen Küstenregion:
„(…) Hier sind ganz klar Landschaftsstrukturen zu erkennen, die in einer Mischung von glatten, glänzenden und matten, schamottierten Tonen unterschiedlichster Färbung angelegt sind. Große ruhige und flächige Zonen wechseln mit narbiger und aufgebrochener Rissigkeit. Es sind stilisierte Landschaften, die in chiffrierter und kompakter Form Küste darstellen.“1
Relief, 1979
Rotes Steinzeug, montiert, hellbeige Feldspatglasur, Montage innerhalb des Reliefs braun glasiert
L: 30 cm, H: 28 cm
Relief, 1981
Rotes Steinzeug, Montage aus Manganton und Porzellan, grün-blaue Feldspatglasur
L: 30 cm, H: 30 cm
1 Die Niedersächsischen Staats- und Förderpreise für das gestaltende Handwerk 1980Förderpreis. Förderpreis des Niedersächsischen Ministers für Wirtschaft und Verkehr 1980: Gisela und Walter Baumfalk, Keramik, o.O., o.J., o.S.
„Das Schaffen der beiden Keramiker ist gekennzeichnet durch technische Disziplin, formale Sicherheit und Sensibilität. Kraftvolle Jugendlichkeit und Experimentierfreude werden es lohnen lassen, Gisela und Walter Baumfalk im Auge zu behalten.“1
Seit den 1960er Jahren verwendeten Gisela und Walter Baumfalk Ton sowie Steinzeug, das mit Einschlüssen durchsetzt bzw. schamottiert sein konnte. Nach 1970 kam in steigendem Maße Porzellan hinzu. Des Weiteren wurden im Laufe der Zeit Pyritton und sog. englische Massen zu wiederkehrenden Materialien für die Baumfalk‘schen Arbeiten.
Parallel erweiterte das Keramikerpaar seine Brenntechnik. Anfänglich dominierte das oxidierende Brennen, d.h. das Brennen unter Sauerstoffüberschuss den Fertigungsprozess. Bereits in den 1970er Jahre aber brannten sie auch in dann stetig zunehmendem Maße mit dem reduzierenden Verfahren, in dessen Verlauf der Sauerstoffgehalt im Brennofen kontrolliert verringert wird. Dieses variierende Arbeiten entsprach der Experimentierfreude beider Keramikkünstler, da mittels des Sauerstoff- oder Kohlenstoffüberschusses das jeweilige Brennverfahren Einfluss auf die Entwicklung von Textur und Farbe der Glasur nimmt.
Weil Gisela und Walter Baumfalk mit selbstentwickelten Glasuren, die häufig auf Metalloxidmischungen basierten, arbeiteten, war diese technische Breite des Herstellungsprozesses nur konsequent. Ihre Glasuren, die durch Tauchen, Übergießen und/oder Spritzen auf die Objekte aufgetragen wurden und sowohl einzeln als auch in Kombination Anwendung fanden, waren in ihrem Falle mehr als ein notwendiger Überzug, der den keramischen Scherben haltbar, robust, wasserfest und somit gebrauchsfähig machte. Ihre Glasuren entwickelten sich zum spezifischen Ausdrucksmittel im kreativen Gestaltungsprozess beider Keramiker – „Alle Glasuren, die sie verwenden, von der Struktur wie von der Farbigkeit her, sind bei ihren Arbeiten nicht selbstgefälliger ‚Überzug‘, sondern formaler Abschluß.“2
In der Sammlung Baumfalk sind eine Reihe von Glasurarten, -effekten und -zusätzen wiederkehrend anzutreffen.
1 Die Niedersächsischen Staats- und Förderpreise für das gestaltende Handwerk 1980Förderpreis. Förderpreis des Niedersächsischen Ministers für Wirtschaft und Verkehr 1980: Gisela und Walter Baumfalk, Keramik, o.O., o.J., o.S. 2 Ebd.
Feldspatglasur
Eine auf dem Mineral Feldspat basierende Glasur. Als Beimengung senkt Feldspat den Schmelzpunkt und somit die nötige Brenntemperatur. Desgleichen nimmt es Einfluss auf die Farbentwicklung der gleichfalls beigemengten Metalloxide.
Vase („Kelch“), 1996
Weißes Steinzeug, türkisblaue Feldspatglasur
H: 13,5 cm, D: 10 cm
Detailaufnahme
Vase („Kelch“), 1996
Weißes Steinzeug, türkisblaue Feldspatglasur
H: 13,5 cm, D: 10 cm
Ölfleckglasur
Mit dunkler Farbgebung sowie seidenmatten schillernden Flecken erzeugt diese Glasur den optischen Eindruck von Ölflecken auf der Keramik. In Abhängigkeit von jeweiliger Zusammensetzung und Art der Glasur entstehen oft singuläre Oberflächenwirkungen.
Dose, 1978
Porzellan, Ölfleckglasur
H: cm, D: 9,4 cm
Detailaufnahme
Dose, 1978
Porzellan, Ölfleckglasur
H: cm, D: 9,4 cm
Tenmokuglasur
Abgeleitet von der Bezeichnung für japanische Keramikware, die ihrerseits chinesische Keramik nachahmen sollte, steht der Name dieser Glasur für eine glänzende dunkle Oberfläche auf Basis von Eisenoxid. Die jeweilige Farbschattierung kann von einem tiefen Braun bis zu scheinbarem Schwarz reichen.
Vase, 1984
Porzellan, Tenmokuglasur
H: 7 cm, D: 14 cm
Detailaufnahme
Vase, 1984
Porzellan, Tenmokuglasur
H: 7 cm, D: 14 cm
Ascheglasur
Wesentlicher Bestandteil dieser Glasur ist Asche organischen (pflanzlichen oder tierischen) Ursprungs, die im Verbund mit weiteren Beimischungen mit dem keramischen Trägermaterial reagiert und sowohl das Farb- als auch das Effektergebnis beeinflusst. Maßgeblich sind die spezifische Zusammensetzung der Asche und das Brennverfahren.
Vase, 1984
Porzellan, Fruchtform mit gezupftem Rand, helle Ascheglasur
H: 13,5 cm, D: 16,5 cm
Vase, 1984
Porzellan, Fruchtform mit gezupftem Rand, helle Ascheglasur
H: 13,5 cm, D: 16,5 cm
Detailaufnahme
Seladonglasur
Ausgehend von China, wo der spezifische Farbton entwickelt wurde, erlangte diese Glasur rasch große Popularität in Asien und weit darüber hinaus. Nunmehr bezeichnet Seladon einen jeweilig changierenden jadegrünen Farbton, der durch einen geringen Eisenoxidanteil in einer transparenten Grundglasur entsteht.
Flasche, 1993
Porzellan, Seladonglasur mit unglasierter Nut
H: 21,5 cm, D: 5 cm
Detailaufnahme
Flasche, 1993
Porzellan, Seladonglasur mit unglasierter Nut
H: 21,5 cm, D: 5 cm
Kristallglasur
Die Kristallglasur ist eine Effektglasur, die mittels während des Brennens entstehender und dann abkühlender Kristalle in der Glasur ihre Wirkung erzielt. Da das Ergebnis von der jeweiligen Struktur, Größe und Farbe der Kristalle abhängt, die ihrerseits durch Beimischungen sowie Brennbedingungen bedingt sind, entstehen einzigartige Effekte.
Vase („Väschen“), 1979
Porzellan, montiert, grüne Kristallglasur mit Ausscheidungen
H: 9 cm, D: 11 cm
Detailaufnahme
Vase („Väschen“), 1979
Porzellan, montiert, grüne Kristallglasur mit Ausscheidungen
H: 9 cm, D: 11 cm
Krakelee
Auch das Krakelee ist als Netz aus feinen und feinsten Haarrissen ein Glasureffekt. Durch Alterung, mechanische Einwirkung oder Umwelteinflüsse kann er im Laufe der Zeit auftreten. Da er im Herstellungsprozess auf unterschiedlichen Ausdehnungseigenschaften von keramischem Trägermaterial und Glasur basiert, kann er ungewollt durch fehlerhafte Brennbedingungen entstehen, zugleich jedoch gewollt durch die entsprechende Lenkung des Brennprozesses erzeugt werden.
Dose, undatiert
Weißes Steinzeug, grau-grünes Schuppenkrakelee
H: 8,5 cm, D: 10 cm
Dose, undatiert
Weißes Steinzeug, grau-grünes Schuppenkrakelee
H: 8,5 cm, D: 10 cm
Detailaufnahme
Anguss
Oberflächenstrukturen oder Farbkontraste entstehen durch das Aufbringen eines mit Farbpigmenten oder Metalloxiden versetzten (Ton-)Schlickers, der auf den ungebrannten oder halb gebrannten Scherben aufgetragen, getrocknet und anschließend gebrannt wird. Die Intensität des resultierenden Struktur- und/oder Farbeffekts kann durch eine (transparente) Glasur verstärkt werden.
Vase („Zylinder“), ca. 1969
Roter Ton, helle Feldspatglasur mit Angüssen
H: 14,5 cm, D: 7,4 cm
Vase („Zylinder“), ca. 1969
Roter Ton, helle Feldspatglasur mit Angüssen
H: 14,5 cm, D: 7,4 cm
Detailaufnahme
Eisenoxid
Eisenoxid kann Bestandteil des Tons sein, wird zumeist jedoch zu Zwecken der Farbgebung den Glasuren beigemengt. Sowohl in reduzierendem als auch oxidierendem Brennverfahren entwickeln sich in Abhängigkeit von der Konzentration des Metalloxids sowie den jeweiligen Brennbedingungen unterschiedliche Farbtöne von zumeist Grau bis Braun.
Vase („Kelch“), 1983
Weißes Steinzeug, gezupfter Rand und montiert, helle Ascheglasur mit Eisenoxid am Rand
H: 13,5 cm, D: 7 cm
Vase („Kelch“), 1983
Weißes Steinzeug, gezupfter Rand und montiert, helle Ascheglasur mit Eisenoxid am Rand
H: 13,5 cm, D: 7 cm
Detailaufnahme
Kupferoxid
Kupferoxid findet primär als Farbpigment Einsatz. Je nach Brennsituation entstehen grüne Farbtöne (oxidierendes Brennen) oder auch rote Schattierungen (reduzierendes Brennen). In spezifischen Zusammensetzungen sind sogar Türkis- oder Blaunuancen möglich.
Dose, 1988
Porzellan, Kupferreduktionsglasur
H: 11,5 cm, D: 13 cm
Dose, 1988
Porzellan, Kupferreduktionsglasur
H: 11,5 cm, D: 13 cm
Detailaufnahme
Titanoxid
Seiner zweifachen Wirkung wegen findet Titanoxid Verwendung. Dank der hohen Deckkraft kann es als Pigment ein brillantes Weiß hervorbringen. Aufgrund der Fähigkeit zur Lichtstreuung dient es ebenso der gewollten Trübung von Glasurfarben, die sich als Opazität der Oberfläche in Farbe und Textur zeigt und Folge eines Kristallisierungsprozesses während der Abkühlphase ist.
Platte, 2010
Weißes Steinzeug, schamottiert, titangefärbte Feldspatglasur
L: 28 cm, H: 28,5 cm
Detailaufnahme
Platte, 2010
Weißes Steinzeug, schamottiert, titangefärbte Feldspatglasur
L: 28 cm, H: 28,5 cm
„Die dem Töpfer gegebene Möglichkeit, aus erdiger Masse, aus Ton, Wasser und Feuer die Metamorphose einer Gesteinsmaterie herbeizuführen, räumt ihm, dem Töpfer, im Kreise der Kunsthandwerker eine Sonderstellung ein. Handwerker und Künstler zu sein bedeutet eine permanente Auseinandersetzung mit dem innersten Wesen dieses Handwerks, mit dem Material und der Gestalt.“1
Die Objekte der Sammlung Baumfalk wurden seitens der Künstler nicht nur betreffs Kategorie, Typ, Material, Brenntechnik und Glasur beschrieben, sondern desgleichen hinsichtlich deren Entstehungszeitraumes – zumeist auf das Jahr genau – datiert. Infolgedessen lässt sich eine Chronologie des handwerklichen und künstlerischen Schaffens Gisela und Walter Baumfalks erstellen.
1 Die Niedersächsischen Staats- und Förderpreise für das gestaltende Handwerk 1980Förderpreis. Förderpreis des Niedersächsischen Ministers für Wirtschaft und Verkehr 1980: Gisela und Walter Baumfalk, Keramik, o.O., o.J., o.S.
Die 1960er Jahre
Diesem Jahrzehnt, an dessen Ende Gisela und Walter Baumfalk ihre Werkstatt in Jever gründeten, sind Objekte zugehörig, die sowohl das Schaffen Gisela Baumfalks an der Werkkunstschule Münster als auch den Beginn der gemeinsamen Arbeit des Paares widerspiegeln.
Ton und Steinzeug bildeten das Ausgangsmaterial aller Objekte, die zudem ausschließlich in oxidierendem Brand gehärtet wurden. In dieser Zeit prägten schnörkellose Linien und geometrische Grundformen die Gestaltung. Der Klarheit der Form entsprach die reduzierte Farbgebung, die, zumeist basierend auf Feldspatglasuren, durch Natur- bzw. Erdtöne gekennzeichnet war.
Teekanne, 1963
Rotes Steinzeug, matte blaue Steinzeugglasur, innen transparente Glasur
H: 14,5 cm, D: 14,5 cm
Die Kanne ist Teil eines Teeservices, das aus 15 Gedecken, weiteren Schälchen sowie einem jeweiligen Zucker- und Milchgefäß besteht.
Flasche, ca. 1969
Roter Ton, beige-braune Mattglasur
H: 21 cm, D: 8 cm
Vase, 1965
Roter Ton, blau-grüne Feldspatglasur
H: 30 cm, D: 23 cm
Gefäßgruppe, 1969
Roter Fredelsloher Ton, beige-braune Mattglasur
H: 11cm, D: 17 cm
Zylindermontage, ca. 1969
Braun-beige Mattglasur
H: 20 cm, D: 11 cm
Relief, 1969
Kegelmontage, braun-beige Feldspatglasur
L: 19,5 cm, H: 19,5 cm
Die 1970er Jahre
Das Künstlerpaar entwickelte in diesem Jahrzehnt eine große Bandbreite an Gefäßtypen, die sowohl zweckmäßigen als auch künstlerischen Anspruch hatten. Ton und Steinzeug dominierten weiterhin, doch fand punktuell auch Porzellan Verarbeitung. Zudem trat neben das oxidierende Brennen das reduzierende Brennverfahren. Auch der Bereich der Glasur wurde erweitert. Ölfleck-, Asche-, Tenmoku-, Seladon- sowie Kristallglasuren erweiterten ebenso wie die Technik des Angusses oder der gezielte Einsatz von Metalloxiden das kreative Spektrum.
Prägend war das Experimentieren mit Struktur und Farbe, wie alle Objekte dieser Schaffensperiode beweisen. Dergestalt machte sich das Paar durch sowohl handwerkliches Können als auch gestalterische Innovation einen Namen und wurde am Ende des Jahrzehnts (1980) mit dem Niedersächsischen Förderpreis geehrt.
Vase, ca. 1975
Rotes Steinzeug, gedreht-viereckig-gedrückt, braune Feldspatglasur mit weißem Anguss
H: 15 cm, D: 9 cm
Dose, 1978
Porzellan, Deckel geschnitten, Tenmoku- und helle Ascheglasur
H: 12 cm, D: 5,7 cm
Vase („Zylinder“), 1979
Weißes Steinzeug, oval, helle Feldspatglasur, Kratzdekor mit Eisenoxid
H: 29,5 cm, D: 12 cm
Montage („Kopf auf Säule“), 1979
Weißes Steinzeug mit Plättchenmontage, helle Glasur
H: 25 cm, D: 15 cm
Vogelform, 1972
Roter Ton, gedreht und modelliert, helle Mattglasur
H: 17 cm, D: 11 cm
Relief, 1979
Rotes und schwarzes Steinzeug, unglasiert mit weißer Montage und Intarsien
L: 42 cm, H: 31 cm
Die 1980er Jahre
Mit der Verleihung des Förderpreises des Landes Niedersachsen als Anerkennung für vielversprechende Keramikkünstler begann dieses Jahrzehnt, das eine Zeit umfangreichen Schaffens und höchster Kreativität werden sollte. Die Einheit von Kontinuität und Innovation lässt sich als gemeinsames Kennzeichen festhalten. Weiterhin herrschte eine große Typenvielfalt in der Gefäßkeramik vor, und weiterhin waren die bevorzugten Massen Steinzeug und Porzellan. Sie wurden nun jedoch durch englisches Steinzeug und Pyritton komplementiert.
Parallel stieg der Anteil des reduzierenden Brennverfahrens im Herstellungsprozess. Auch die Glasuren wurden weiterentwickelt. Typisch für dieses Jahrzehnt ist der Gesamteindruck der Objekte, der durch die Verbindung von Form, Glasur, Farbe und Dekorationsvarianten (Schnitte, Einarbeitungen weiterer Elemente, Nebeneinander glasierter/unglasierter Abschnitte) entstand.
Vase, 1985
Porzellan, Reliefschnitt, Tenmokuglasur und rosa Anflug
H: 6 cm, D: 13 cm
Dose, 1987
Porzellan, flach mit Doppelwulst, Kupferreduktionsglasur
H: 5,5 cm, D: 13 cm
Vase („Kelch“), 1983
Weißes Steinzeug, geschnitten, Tenmokuglasur mit rosa Anflug
H: 30 cm, D: 20 cm
Dose, 1985
Porzellan, Deckel mit Stufenschnitt und Steinmontage, helle Feldspatglasur
H: 2,8 cm, D: 10 cm
Vase, 1989
Porzellan, helle Feldspatglasur mit unglasierter Nut
H: 11 cm, D: 12,5 cm
Vasenmontage, ca. 1983
Weißes Steinzeug, flache Form mit Plättchenmontage, rosa Feldspatglasur mit Eisenoxid
H: 27 cm, B: 27 cm
Die 1990er Jahre
Die Objekte der Sammlung, die in diesen Jahren entstanden, zeigen, dass die Glasuren weiterhin zentral im Schaffen des Ehepaares Baumfalk waren. Insbesondere die bereits erprobten Eisen- und Kupferoxide dienten in steigendem Maße nicht länger primär der Akzentuierung, sondern nun auch der spezifischen Farbgebung. Hinzu kam der Einsatz von Titanoxid, das eigene reizvolle Effekte hervorbrachte.
Im Überblick zeugen somit auch die Stücke der 1990er von einer sowohl sachkundigen als auch experimentierfreudigen Evolution des Baumfalk’schen Schaffens, das Gestaltungselemente aus den vorausgehenden Jahrzehnten mit steigender Expressivität weiterentwickelte.
Schale, 1990
Weißes Steinzeug mit Pyriteinschlüssen, montiert mit Silberdraht, Seladonglasur mit Eisenoxid
H: 5 cm, D: 21 cm
Flasche, 1992
Porzellan, schwarze Feldspatglasur, hals unglasiert
H: 16 cm, D: 4,5 cm
Dose, 1991
Porzellan mit Hahnenkamm-Montage, Seladonglasur
H: 4,5 cm, D: 8 cm
Dose, 1990
Pyritton, Deckel mit vertieftem Eingriff, Titan- und schwarze Feldspatglasur
H: 7,5 cm, D: 7,5 cm
Dose, 1991
Englisches grau-braunes Steinzeug mit Reliefschnitt und Federmontage auf dem Deckel, Seladonglasur mit Eisenoxid
H: 3,5 cm, D: 11 cm
Vase, 1992
Porzellan, Kupferrot mit blauen Flecken
H: 11,3 cm, D: 16 cm
Die 2000er Jahre
Auch die späte Phase der Arbeit der Töpferei Baumfalk ist in der Sammlung präsent. Gemeinsames Merkmal dieser Stücke ist erneut die Einheit aus Beständigkeit und Wandel, die bereits zuvor das Markenzeichen der Baumfalk’schen Objekte war. Bewährte Form- und Gefäßtypen wurden weiterhin genutzt und zugleich modifiziert. Erprobte Glasurverfahren wurden durch neue Akzente oder Verfahren erweitert. Wie in den vorausgehenden Jahrzehnten entstanden Werke hoher technischer und ästhetischer Qualität.
In diesem Sinne repräsentiert das Spätwerk Gisela und Walter Baumfalks auch ihr Gesamtwerk, das von handwerklichem Können und künstlerischem Impetus, von Kontinuität und Progressivität getragen war.
Schale, 2016
Porzellan, kupferrote Feldspatglasur
H: 4,3 cm, D: 19 cm
Vase („Krug“), 2016
Weißes Steinzeug mit Pyriteinschlüssen, titangefärbte Feldspatglasur
H: 29 cm, D: 6,5 cm
Teller, 2016
Weißes Steinzeug mit Pyrriteinschlüssen, Rand unglasiert, titangefärbte Feldspatglasur
H: 5,5 cm, D: 38,5 cm
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