Eine Bohrung der anderen Art [Blog]

Im Rahmen des Projektes „Schlosspark Jever im Klimawandel“ wird man immer wieder mit Neuem oder Unerwartetem konfrontiert. Dazu gehört auch, dass für die Anpassung von Morgen ein Blick in die Vergangenheit notwendig ist. So wurden bspw. für das Projekt im vergangenen Dezember durch Mitarbeiter des Niedersächsischen Instituts für historische Küstenforschung aus Wilhelmshaven geomagnetische Messungen auf den frei zugänglichen Flächen des Parks durchgeführt, um bauliche Strukturen der ehemaligen Unterburg zu detektieren. Ziel ist es, mit den gewonnenen Daten Aussagen zum Untergrund zu treffen, die für belangreiche Maßnahmen wie Neupflanzungen oder Überlegungen zu einem optimierenden Wassermanagement im Park notwendig sind.

Da nun die Messsonde nicht im gesamten Park zum Einsatz kommen kann, muss hier und da mit Bohrungen nachgeholfen werden. Auf zwei über den Park gelegene Transekte (eine gerade Linie, auf der sich mehrere Messpunkte in einem gewissen Abstand zueinander befinden) wurde eine Bohrung nach der anderen durchgeführt. Die letzte auf dem Programm stehende Bohrung sollte am ungünstigsten Ort des Parks stattfinden: Am Hang des Schlosshügels.

Zwischen Brombeeren und Ilex wurde auf drei Meter abgeteuft (in den Untergrund gebohrt), um unter anderem Spuren der Geschichte zu erfassen. Ungeplant war jedoch, dass die Bohrstange, die drei Meter tief im Untergrund steckte, nicht mehr herauszuziehen war. Eine Situation, die sehr ungünstig ist, aber gelegentlich in der Bodenkunde vorkommen kann. Also was tun? Freischaufeln. So wurde Schicht für Schicht geschaufelt. Erst 50 cm tief, dann auf einen Meter und selbst in einer Tiefe von ca. 1,50 m ließ sich die Bohrstange keinen Millimeter aus dem Boden ziehen. Und der Untergrund? Der verhärtete sich, nach und nach kam massives Material zum Vorschein (Abb. 01). In der Profilwand waren bereits rote Ziegel zu erkennen (Abb. 02).

Und da haben wir nun die Hinweise, wie vor gut 200 Jahren der Hügel entstanden sein könnte. Eben mit diesem Material der abgerissenen Unterburg. Upcycling nennt man dies wohl heutzutage, ein sehr nachhaltiger Gedanke, schon damals. Aber nicht nur in der Profilwand konnte man die Ziegelreste entdecken. Auch im ausgeschaufelten Bodenmaterial, dem Abraum, kamen nach und nach Ziegelfragmente zum Vorschein. Zudem massive Gesteinsbrocken (in erster Linie Granit), die es sicherlich nicht auf natürlichem Wege hierhergeschafft haben. Doch trotz dieser erfreulichen Erkenntnis musste die Bohrstange dennoch gezogen werden. Im Dickicht der rapide wachsenden, vor allem stechenden Sträucher am ungünstigen Hang musste nun tiefer gegraben werden. Das größer werdende Loch glich einem kleinen Sondageschnitt.

Zentimeter für Zentimeter wurde weiter in die Tiefe gegraben bis bei 2 Metern aus Platzmangel Schluss war. Und auch hier gab es im Untergrund wieder eine Grenze. Verhärtetes, gelbgraues Material, welches etwas an eine Art Mörtel erinnert (Abb. 03). Und Ziegelsteine. Diesmal nicht nur kleine Fragmente, sondern massive Handstücke, die vermutlich ins 15./16. Jahrhundert zu datieren sind (Abb. 04). Und nach mehrmaligem Ziehen, Drücken, Drehen und Fluchen, löste sich auch endlich die Bohrstange und konnte dem Untergrund entnommen werden. Zum Erstaunen aller war der entnommene Bohrkern nicht zerstört und gewährte einen hervorragenden Einblick in die vermeintliche Entstehung des Schlosshügels. Aber das ist eine andere Geschichte.

Alles in allem hat dieses Missgeschick wenigstens etwas Gutes: vom unfreiwilligen Trainingsansatz bis hin zu historischen Erkenntnissen und neuen Erfahrungen in der Bodenkunde.

Von Andreas Folkers, der immer noch begeistert ist, welche Überraschungen der Schlosspark stets wieder hervorbringt.