„Rubbeldiekatz“ – Historische Geldkatzen im Schlossmuseum [70]

Historische Geldkatzen im Schlossmuseum

Das Schlossmuseum Jever verfügt in seinem Bestand über einige historische Geldbeutel, sogenannte Geldkatzen, die aus der Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die Zeit des frühen 20. Jahrhunderts datiert werden können.

Ob Geldbeutel, Portemonnaie, Geldbörse oder Brieftasche, alle Begriffe meinen ein Behältnis aus Stoff, Leder oder Tierfell, in dem Münzen, Ringe oder Edelsteine sicher aufbewahrt werden konnten. Vom lateinischen Wort „bursa“ leitet sich der Begriff der Geldbörse ab. Vorläufer für die Geldkatze war der klassische Beutel, in dem Geld in einem kreisrunden Stück Leder aufbewahrt werden konnte. Dieser war am Rand in regelmäßigen Abständen mit gestanzten Löchern versehen, um ein Zugband durchzuziehen und den Beutel dann am Gürtel zu befestigen. Erste Geldbeutel dieser Art sind bereits über 2000 Jahre alt.

Zu Beginn des 16. Jahrhunderts kamen die ersten Geldkatzen auf. Dabei handelte es sich um schlauchartige Geldbeutel, die ihren Namen aufgrund ihres Materials erhielten. Ursprünglich wurde ihr Futter aus einem Tier- bzw. Katzenbalg hergestellt, ehe man dazu über ging, sie in der gleichen Form aus Leder zu fertigen. Die Geldkatzen wurden unter den Kleidern über den Gürtel oder ein Taillenband gehängt.

Schlitz in der Geldkatze

Schlitz in der Geldkatze
Durch einen Schlitz in der Mitte des Geldbeutels konnte so bequem in die Tasche nach den vielen unterschiedlichen Münzen, wie Dukaten oder Talern, gegriffen werden. Zwei Ringe, die den Schlitz dann wieder verschlossen, waren dazu da, dass das Münzgeld nicht herausfallen konnte. Obwohl die Trageweise am Gürtel zur sicheren Aufbewahrung der Münzen dienen sollte, galt es als Bedingung zur Aufnahme in die Zunft der sogenannten „Beutelschneider“, auch als Taschendiebe bekannt, einen besonders vollen Geldbeutel unbemerkt vom Gürtel abzutrennen. Bis heute hält sich außerdem die aus der Benutzung der Geldkatzen entstandene Redewendung „Rubbeldiekatz“. Kaufleute, die kurz vor einer Kaufentscheidung standen, fühlten in ihrer Geldkatze die Münzen oder zählten sie nach, sie „rubbelten demnach die Katz’“. Diese Redensart galt damals wie heute als Aufforderung, sich schnell für einen Kauf zu entschließen.

Die schlauchartige Form des Geldbeutels hielt sich bis zu Beginn des 19. Jahrhunderts in Deutschland. Mit der Verbreitung des Papiergelds veränderten sich auch die Geldbörsen und die Scheine wurden flach in Brieftaschen aufbewahrt. Die bis dahin verwendeten Geldkatzen wurden nicht mehr genutzt und ab ca. 1850 im Zuge der „Arts-and-Crafts Bewegung“ von den häufig kunstvoll in Handarbeit angefertigten gestrickten oder gehäkelten Geldbeuteln für die feinen Damen der Gesellschaft ersetzt. In dieser Zeit besann man sich zurück auf die Handwerkskünste, die Freude an der Handarbeit und den besonderen Materialien, die dabei Verwendung fanden.

Die Geldkatzen aus der Sammlung des Museums sind in die Zeit ab 1850 bis ins frühe 20. Jahrhundert zu datierern. Während des Häkelns oder Strickens wurden die Glasperlen mit in die Arbeit eingefügt, sodass sich verschiedene geometrische Muster oder die Initialen der späteren Eigentümer der Geldbeutel ergaben.

Geldkatze, 1881, 30 cm x 6,5 cm

Geldkatze, 1881, 30 cm x 6,5 cm
Auch Jahreszahlen konnten besonders in Szene gesetzt werden, so wie es eines der Beispiele aus dem Bestand des Museums präsentiert. Die aus weißen Perlen eingefügte Jahreszahl „1881“ setzt sich optisch von dem olivgrünen Geldbeutel ab und wird zusätzlich von einigen Initialen und einer aufwendig umlaufenden, zweireihigen Blättergirlande gerahmt. Der mittig eingefügte Schlitz wird mit zwei Metallringen verschlossen.

Geldkatze, ca. 1850-1920, 47, 0 cm x 11, 0 cm

Geldkatze, ca. 1850-1920, 47, 0 cm x 11, 0 cm
Eine schöne Zierleiste findet sich auch in Form der heraldischen Lilie aus weißen Perlen an dieser schwarzen Geldkatze, die im oberen und unteren Bereich rund um die beiden Geldbeutel verläuft. Im mittleren Bereich sind zusätzlich unzählige kleine sternförmige Verzierungen in insgesamt 3 Reihen versetzt zueinander angebracht. An einem zusammengzogenen Ende der Geldkatze baumelt eine Perlenschnur aus vielen schwarzen Perlen. Das andere Ende ist flach an den kurzen Enden verschlossen und mit einer kleinen Halbmondförmigen Kante aus weißen Perlen verziert. Andere Beispiele von Geldkatzen zeigen am unteren Ende auch größere Perlen aus Metall oder mehrreihig aufgezogene Perlschnüre.

Diese Art von „Tasche“ eignete sich besonders für die zu Beginn des 19. Jahrhunderts aufkommende feminine Chemisenmode und Kleidung im Empire Stil. Dabei wurden die häufig sehr dünnen Kleider der Frauen unter der Brust gebunden und fielen ohne Taillierung frei am Körper herab.

Jede einzelne Geldkatze besitzt aufgrund ihrer handwerklichen Herstellungsart einen sehr individuellen, mitunter auch eigenwilligen Charakter. Nach der Arbeit oder in Mußestunden entstanden die Beutel in vielen Arbeitsstunden. Die aufwendige Strickarbeit wurde dabei in eigens dafür verfassten Anleitungen beschrieben, in denen erklärt wurde, wie viele Perlen jener Farbe auf einen Faden aufgereiht werden musste, um ein bestimmtes Muster auf dem Geldbeutel zu erzielen. Nach der Fertigstellung wurden sie entweder selbst getragen oder als Verlobungsgeschenke weitergegeben.

Heutzutage benutzen Männer und Frauen recht unterschiedliche Arten von Geldbeuteln. Während Männer zumeist praktische, dunkle Lederbörsen in der Gesäßtasche aufbewahren, gebrauchen Frauen häufig große, rechteckige Geldbeutel bekannter Marken oder Designer. Diese sind mit einem umlaufenden Reißverschluss zu öffnen, um möglichst viel unterbringen zu können. Nicht mehr nur Scheingeld und Münzen lassen sich in den Geldbeuteln der Menschen finden, sondern auch persönliche Erinnerungen wie Fotos und Eintrittskarten, Quittungen, Mitgliedskarten oder offizielle Ausweisdokumente. Geldkatzen sind für den heutigen täglichen Bedarf zu klein und umständlich geworden. In regionalen Teilen der österreichischen Tracht finden sie aber noch als Zierde und Schmuckstück am Dirndl der Frau Beachtung.
Kerrin Postert

Literatur und Quellen:

Fiebig-Drosten, Margret: Ständige Begleiter – Handtaschen und ihre Geschichten, Cloppenburg 2009.
Loschek, Ingrid: Accessoires – Symbolik und Geschichte, München 1993.
Loschek, Ingrid: Reclams Mode- & Kostümlexikon, 3., rev. und erw. Aufl. Stuttgart 1994.
Geldgeschichtliche Sammlung Kreissparkasse Köln: Von der Geldkatze zur Brieftasche, Köln 1981. https://www.geldgeschichte.de/downloads/6553/6559/6687/Das_Fenster_111.pdf

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