Obergeschoss

Die landesgeschichtliche Ausstellung beginnt im ersten Obergeschoss mit dem großen Saalbau, der Ende des 15. /Anfang des 16. Jahrhunderts als Versammlungs- und Repräsentationsort errichtet wurde.

Als die Fürsten von Anhalt-Zerbst in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts nicht mehr persönlich nach Jever kamen, unterteilte man ihn schließlich in einzelne Zimmer, die dann wiederum zu Appartements zusammengefasst wurden. Die Größe des neuen Saalbaus von über 30 Metern Länge ist für den Besucher noch nachvollziehbar. Auch die Wand- und Nischengestaltung und Fußböden, die je nach Wertigkeit des Zimmers im Appartement mit aufwendigem Parkett oder einfachen Dielenboden ausgestattet waren, ist noch erkennbar.

Schon allein die freie Sicht durch alle Räume (Enfilade) zeigt die Dimension des ehemals „Großen Saals“ auf. Die unterschiedliche Bodengestaltung sowie die Abfolge der Schauräume geben dem Saalbau eine Rhythmik. Diese wird durch die gewählte Thematik für die einzelnen Räume unterstrichen. Von der spärlichen mittelalterlichen Überlieferung der Häuptlingszeit bis hin zur üppigen fürstlichen Raumgestaltung entsteht eine Dramaturgie, die dem Besucher abwechslungsreiche Anreize zum Schauen bietet. Die Themen orientieren sich am Verhältnis von Herrschaft zu Land und Menschen. Im Blickfeld stehen hierbei Verwaltungsstruktur, Wirtschaft und Handel, die Menschen und ihr Land, Religion und Bildung.

Repräsentative Hofhaltung und der jeweilige Umgang mit dem historischen Interieur kann in drei Räumen gezeigt werden, die zwar kein Mobiliar mehr besitzen, jedoch von der Ausstattung der Wände und Decken her noch sehr viel historische Substanz haben.

Die jeverländische Gesellschaft

Das Schloss zu Jever war lange Zeit Mittelpunkt einer kleinen Herrschaft. Allerdings residierten die jeweiligen Landesherrn vom 17. bis zum 19. Jahrhundert oft weit entfernt und ließen sich vor Ort von Beamten vertreten. Für die Menschen in Stadt und Land bedeutete dies Chancen auf Freiräume, wenn es ihnen gelang, angestammte Rechte zu behaupten. Die Bauern in der Marsch mit eigenem Besitz, die sog. Hausmänner oder -leute, profitierten besonders davon, dass sich im Jeverland keine adelige Schicht etablieren konnte. Mit altem Herkommen und Standesbewusstsein setzten sich diese Hausleute von denjenigen ab, die nur kleine Hofstellen bewirtschafteten (Häuslinge) oder wie Lohnarbeiter, Mägde und Knechte in direkter Abhängigkeit lebten.

Die Familien der wohlhabenden Marschenbauern webten nicht nur unter einander verwandtschaftliche Netzwerke, sondern auch mit den Angehörigen der Kaufmannschaft, den Handwerkern, fürstlichen Beamten und Akademikern. Sie waren im Deich- und Sielwesen, im Kirchen-, Armen- und Schulwesen oder gar als landschaftliche Vertreter auch politisch aktiv. Als “Unternehmer-Landwirte” erwirtschafteten sie hohe Erträge, die dann in Pachtland, die Kreditvergabe, stattliche Gulfhäuser, repräsentatives Interieur oder die Ausbildung der Kinder investiert wurde.

Die Kontakte über die Sielhäfen, die auswärtige Beamtenschaft, die fremden Kaufleute und Reisenden mit ihrem jeweiligen kulturellen Hintergrund ließen eine Gesellschaft entstehen, die in der frühen Neuzeit zwar in das Beziehungsgeflecht von Herrschaft, Stadt und Land eingebunden war, aber dennoch einen weiten Horizont besaß.

Der Gobelinsaal

Der Gobelinsaal besticht durch das spannungsreiche Zusammenspiel barocker Gobelins und historischer Decke und Drapperien.

Die aus Wolle und Seide gewirkten Tapisserien kamen vermutlich zwischen 1726 und 1743 nach Jever. Nach mehreren Standortwechseln innerhalb des Schlosses erhielten sie um 1889 ihren heutigen Platz. Motive und Figurengestaltung legen eine Datierung um 1680 bis 1700 nahe. Stilistische Vergleiche lassen vermuten, daß die Gobelins in Flandern, vermutlich sogar in Brüssel hergestellt wurden. Obwohl sich die jeverschen Tapisserien sehr ähnlich sehen, ist es unwahrscheinlich, dass sie schon immer zusammengehört haben. Die bäuerlich gekleideten Paare des einen Gobelins fallen deutlich heraus.

„Musizierende Gesellschaft“

Im Mittelpunkt des linken Gobelins steht eine Gruppe kostbar, im antiken Stil gekleideter Damen, die der Musik eines Mandolinenspielers lauschen. Ein junger Mann serviert galant Wein. Im Hintergrund läßt sich ein weitläufiger Garten mit geometrischen angelegten Blumenbeeten und Hecken, kleinen Pavillons und einer ländlichen Villa entdecken. Architektonische Gärten dieser Art setzten sich in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhundert unter französischem Einfluß als Gartenideal in ganz Europa durch. In der linken Bildhälfte dominiert ein aufwendiger Brunnen. Er zeigt einen Meermann, der in ein Muschelhorn bläst. Diese Brunnenformen waren im barock sehr beliebt und wurden auch Wasserscherz genannt.

„Spielende Gesellschaft“

Im Mittelpunkt des rechten Gobelins steht ein großer Brunnen, auf dem ein bärtiger Meer- oder Quellgott auf Amphoren lagert, aus denen Wasser in zwei Muschelbecken strömt. Zwei Nymphen balancieren diese Becken auf ihren Köpfen. Aus ihren Mündern und Brüsten schießen, wie bei einem Wasserscherz, hohe Wasserstrahlen. Im Vordergrund ist eine Gruppe Damen zu sehen, die von einem jungen Mann vor dem spitzenden Wasser beschützt werden.

„Bäuerliches Paar“

Während die Themen der anderen Gobelins Szenen im höfischen Ambiente zeigen, stehen hier zwei bäuerlich gekleidete Paare im Mittelpunkt. Sie tragen eine Fülle von landwirtschaftlichen Produkten. Der Hintergrund wird von einem streng architektonisch gestalteten Garten geprägt. Möglicherweise war diese Tapisserie ursprünglich Teil eines Vierjahreszeitenzyklus. In diesem Fall würde es sich bei dieser Darstellung mit den reichen Erntegaben um eine Allegorie des Herbstes handeln.

„Badende Dame“

Der rechte Gobelin an der Westwand zeigt eine höfisch gekleidete Dame, die ihre Füße mit Hilfe zweier Begleiterinnen in einem Wasserbecken wäscht und sich in einem Handspiegel betrachtet. Der Hintergrund wird von einer formalen Gartenlandschaft mit Figuren und Brunnen gebildet. Die Darstellung einer badenden Frau ist ein gängiges Bildthema und findet sich sowohl in mythologischen Szenen mit der Göttin Diane als auch in alttestamentarischen Batheseba-Erzählungen.

Menschen in Stadt und Land

Ende des 18. Jahrhunderts lebten etwa 15.600 Menschen im Jeverland, davon rund 2800 in der Stadt. Der größte Einfluss kam den freien, erbberechtigten Bauern zu, die sich – was ihre Rechte gegenüber dem Landesherrn und ihren wirtschaftlichen Wohlstand betraf – kaum von den wohlhabenden Kaufleuten und Handwerkern in der Stadt Jever unterschieden, ja diese sogar oft übertrafen.

Viele dieser Marschenbauern, die wie „Unternehmer-Landwirte“ wirtschafteten, waren auch besser gestellt als die meisten der fürstlichen Beamten. Selbstbewusst versuchten sie daher ihre angestammten Rechte und Gewohnheiten, die sich auch im Festtagsbrauch, wie Taufen und Beerdigungen widerspiegeln, gegenüber der Herrschaft zu wahren.

Aufklärung und Lesegesellschaften

Die Anwesenheit der akademisch gebildeten Beamten und Lehrer der Provinzialschule, die Ausrichtung der Landwirtschaft auf den Export mit ihren überregionalen Verbindungen und Kontakten, aber auch der Wohlstand der führenden bäuerlich-bürgerlichen Schicht, der die Bildung der Kinder zuließ, bestimmten im 18. Jahrhundert durchaus das geistige Klima im Jeverland. Viele der in Jever lebenden Gelehrten standen in Korrespondenz mit der geistigen Elite Deutschlands und des Auslandes.

Die Wandgemälde

Die Wandgemälde stammen aus einem bürgerlichen Haushalt in Jever und sind Ende des 18. Jahrhunderts von einem örtlichen Maler angefertigt worden. Die dargestellten Szenen sprechen für die aufklärerische, weltoffene Geisteshaltung in der Stadt. Ein Bild zeigt eine mediterane Wandelhalle, ein Ort, der die Italiensehnsucht des späten 18. Jahrhunderts anschaulich widerspiegelt. Dargestellt sind Gruppen von Menschen, die friedlich im Gespräch zusammen stehen: Europäer und Orientalen.

Das friesische Jeverland und Russland

Nachdem die ehemals selbständige Herrschaft Jever 1575 an die Grafschaft Oldenburg gefallen war, vererbte Graf Anton Günther von Oldenburg sie an seinen Neffen Johann von Anhalt-Zerbst. Die Maßgabe war, daß das Jeverland als sogenanntes Kunkellehn auch in weiblicher Linie vererbt werden konnte. Die männliche Zerbster Linie starb 1793 aus. Das Jeverland kam nun an die Schwester des letzten Zerbster Fürsten Sophie Auguste, die als Zarin Katharina II. in Russland regierte. Das Jeverland wurde damit also kein Teil Russlands, sondern befand sich lediglich in Personalunion. Die Verbindung wurde durch den jeweiligen Herrscher hergestellt, staatsrechtlich hatten beide Territorien nichts miteinander zu tun.

Nach den Wirren der napoleonischen Kriege kam das Jeverland 1807 an das Königreich Holland. 1810 wurde die Herrschaft französisch. Erst 1813 konnte der russische Zar das Jeverland wieder in Besitz nehmen. Er übergab es dem oldenburgischen Herzog Peter Friedrich Ludwig zur Verwaltung. 1818 wurde das Jeverland endgültig an Oldenburg abgetreten.

Die fürstliche Galerie

Dieser Raum wurde im 19. Jahrhundert als Speisesaal genutzt. Die Großherzöge aus Oldenburg luden Gäste zum Jagen in den Upjeverschen Forst ein und speisten anschließend festlich im Schloss. Der schmale Raum war geeignet, eine lange Tafel aufzubauen; der kleine Vorraum, der sich dem ehemaligen Speisesaal anschließt, diente als Buffet. Eine Tapetentür, die zum Gang hinter dem Audienzsaal führt, ermöglichte es den Bediensteten, die Gäste zu bewirten, ohne diese zu stören. Neben der Treppe befinden sich zwei kleine Abseiten, in denen das Porzellan verwahrt wurde.

Die Tapeten

Die Galerie wurde um 1838/1840 nach dem Geschmack der Zeit neu eingerichtet. Nach den ersten Ausgrabungen in Herkulaneum und Pompeij im späten 18. Jahrhundert breitet sich in Europa eine Welle der Begeisterung für die Antike aus. In den stilisierten Blütenranken und den phantastischen Meeresgestalten lassen sich deutlich diese „pompejanischen“ Motive und Muster wieder entdecken. Die aufwendigen Malereien der Tapete sind mit Schablonentechnik und „frei Hand“ angebracht worden.

Die Porträts

Um 1840 wurde in diesem Raum eine lückenlose Abfolge der Porträts der jeverschen Regenten (und Regentinnen) aufgehängt. Diese Ahnengalerie war Raumschmuck und politisches Programm zugleich. Die einstige Hängung der Gemälde ist nach der Restaurierung 2002/03 soweit wie möglich wieder rekonstruiert worden. Die meist als Brustbilder ausgeführten Porträts folgen dem Typ des Herrscherbildes, wie er im 18. Jahrhundert in Frankreich geprägt wurde. Bei diesem Bildtypus wird besonderer Wert auf das Amt und die Stellung des Dargestellten gelegt. Das individuelle Erscheinungsbild tritt in den Hintergrund. Hermelinmantel, Prachtrüstung, Perücke, Brokat und Schmuck sind die Accessoires der zur Schau gestellten Herrschaft.

Porträt Maria von Jever

Maria von Jever war die letzte selbständige Regentin des Jeverlandes. Sie wurde 1500 als zweite Tochter des jeverschen Häuptlings Edo Wiemken und seiner oldenburgischen Frau geboren. Nach vielen Streitigkeiten mit den ostfriesischen Grafen konnte sie die Herrschaft bis zu ihrem Tode 1575 eigenständig regieren.

Das Porträt zeigt sie in schlichter schwarzer Kleidung. Das Weiß der Haube, des Kragens und der Ärmelrüschen hebt sich stark von dem dunklen Kleid ab. Ernst, nur mit einem angedeuteten Lächeln blickt sie den Betrachter an. An ihrer rechten Hand trägt sie einen Ring, von dem angenommen wird, dass ihn Boing von Oldersum ihr als Verlobungsgeschenk vermachte.

Das Gemälde im Schlossmuseum Jever ist eine Kopie des Malers Bernhard Winters von 1931. Es ist nach einem Portrait des 16. Jahrhunderts entstanden, das Maria wahrscheinlich als Auftragsarbeit in Burgund hat anfertigen lassen.

Herrscherporträts

Das Herrscherporträt zeichnet sich dadurch aus, dass es nicht nur das mehr oder weniger getreue Abbild der Physiognomie eines Menschen liefert, sondern auch eine Aussage über die soziale Position des Dargestellten trifft. Man unterscheidet dabei beispielsweise zwischen Staatsporträt, Standesporträt und Feldherrenporträt. Wird der Herrscher lediglich in standesgemäßer, luxeriöser Kleidung gezeigt, so spricht man von einem Standesporträt. Das Porträt Christian Augusts, das im Treppenhaus der ersten Etage des Schlosses hängt, folgt dem Typus des Feldherrenporträts, der seit dem 16. Jh. sehr beliebt war. Ob der Dargestellte jemals wirklich an einer militärischen Auseinandersetzung teilgenommen hatte, war dabei übrigens ohne Bedeutung.

Bei dem fast 2 Meter x 1,50 Meter großem Bildnis von Katharina II., das im Audienzsaal hängt, handelt es sich um ein Staatsporträt, ein offizielles, vom Herrscher legitimiertes Porträt mit den Insignien seiner Macht. Auf dem Porträt im Audienzsaal sind die kleine Zarenkrone und das Zepter zu erkennen. Der große, durchsichtige Diamant, der an der Spitze eingearbeitet ist, war ein Geschenk von Katharinas Favoriten Grigorij Orlow. Die Reichsinsignien wurden eigens für die Zarin von ihrem Hofjuwelier angefertigt.

Audienzsaal

Die Ausstattung des Audienzsaals weist ihn als den repräsentativsten Raum im ganzen Schloss aus. Neben der eichenen Kassettendecke aus dem 16. Jahrhundert geben vor allem die Ledertapeten, die um 1700 entstanden sind und das große Staatsporträt Katharinas der Großen aus dem Jahre 1793 dem Saal sein Gepräge. Im 19. Jahrhundert wurde der Saal mit der hölzernen Vertäfelung ausgestattet und diente den Oldenburger Großherzögen als Empfangsraum.

Die Kassettendecke

Die Kassettendecke datiert aus der Zeit zwischen 1560-1564. Ihr Schnitzwerk erstreckt sich über die etwa 80 Quadratmeter große Deckenfläche mit beeindruckender Vielgestaltigkeit. Umrahmt von angedeuteten geometrischen Leisten und Bändern, verwoben mit Laubwerk und Fruchtschnüren, überziehen exotisches Getier, Fabelwesen, Grotesken und Mischwesen, halb Mensch halb Tier das Gebälk. Die qualitativ recht unterschiedlichen Partien deuten auf mehrere Ausführende hin. Die Gliederung in 28 quadratische Felder mit abgestuften Profilierungen, von denen der mächtige Eierstab der auffallendste ist, und der kräftige kelch- und rosettenartige Zapfen in der Mitte ermöglichen einen einheitlichen Gesamteindruck. Durch ihre Reise in die Niederlande und den flämischen Raum war Fräulein Maria in Kontakt mit der niederländischen Renaissance gekommen. Hier sind auch die Vorbilder für die Kassettendecke zu suchen.

Renaissance bedeutet Wiedergeburt. Diese Kunstströmung, die im 15. Jahrhundert von Italien ausgehend im 16. Jahrhundert ganz Europa erfasste, ließ Elemente der Kunst der Antike wiederaufleben. Auch die Kassettendecke zeigt neben dem sogenannten Eierstabrelief, dass wegen seiner eiförmigen Rundungen sogenannt wird und viele antike Tempel ziert, auch Fabelwesen. Ein Satyr, etwa auf der Höhe des Katharinenportraits beispielsweise, ist ein in der griechischen Mythologie bekannter Naturdämon. Halb Tier halb Mensch ist er ein wilder, ungezügelter, übermütiger Geselle im Gefolge des Weingottes Dionysos. Auch hier präsentiert er sich als bocksbeiniges, lüsternes Wesen.

In den Niederlanden, die auch für die Entstehung der Kassettendecke in Jever um 1560 prägend war, wurden auch eigenständige antikisierende Formen entwickelt, wie Grotesken oder die „gefangenen Wesen“ – Figuren, die in Leistenkonstruktionen eingeschlossen sind. Die jeversche Decke zeigt Elemente des sogenannten „niederländischen Floris-Stils und weist Rückgriffe auf die Arbeiten von Cornelis Bos und Vredman de Vries auf. Sie steht damit künstlerisch auf der Höhe der Zeit, ist gleichsam „modern“ und in der Funktion des Saales entsprechend unübersehbar repräsentativ.

Das Porträt Katharinas II.

Nach dem Staatsporträt, das Katharina II. zeigt, hieß der Audienzsaal im 19. Jahrhundert auch „Saal der Kaiserin“. Es zeigt die Zarin vor ihrem Thron stehend, unter einem Baldachin. Die kostbare Kleidung, Orden, Krone und Zepter weisen sie als mächtige Herrscherin aus. Seit 1794 hängt dieses Gemälde, das wahrscheinlich eine Werkstattkopie des Petersburger Hofmalers Johann Baptista Lampi ist, im Schloss. Katharina schenkte es der jeverschen Landschaft, nachdem sie 1793 die Herrschaft des Jeverlandes übernahm. Da sie eine gebürtige Prinzessin von Anhalt-Zerbst war, stand ihr die Erbschaft nach dem Tod ihres Bruders Friedrich August rechtmäßig zu. In der Zeitung wurde die Ankunft des Gemäldes feierlich bekannt gemacht und darauf hingewiesen, dass jeder, der es zu sehen wünschte, dies unentgeltlich tun dürfte.

Der prächtige Rahmen, der oben durch Zarenkrone, Zepter, Lorbeer und Eichenlaub geschmückt ist und das Monogramm Katharinas trägt, wurde von Friederike Auguste Sophie von Anhalt-Zerbst, der Schwägerin Katharinas, in Auftrag gegeben. Sie übte nach dem Tod ihres Mannes Friedrich August für Katharina die Statthalterschaft vor Ort aus und bewohnte längere Zeit das Schloss in Jever.

Als 1807 unter Napoleon das Jeverland zum Königreich Holland gehörte, soll das Bildnis Katharinas für kurze Zeit aus dem Schloss entfernt worden sein. Genaues ist darüber jedoch nicht bekannt. Spätestens seit 1838 befindet es sich wieder in Jever, da zu dieser Zeit der Audienzsaal neu gestaltet wird und das Porträt seinen heutigen Platz erhält. Vorher hing es zunächst an der Stelle, an der sich jetzt der Spiegel über dem Kamin befindet. Wenn die Türen offen standen, konnte es bereits vom Treppenhaus aus gesehen werden.

Das Edzardzimmer

Der Raum über der Toreinfahrt diente lange Zeit als Wohn- und Schlafzimmer, bevor er die Funktion eines Vorzimmers zum Audienzsaal im 19. Jahrhundert bekam. Heute wird der Raum „Edzardzimmer“ genannt, da sich hier das Porträt Edzard des Großen, des historischen Gegenspielers Marias von Jever, befindet. Das Gemälde aus dem 16. Jahrhundert, das heutzutage im Augusteum in Oldenburg hängt, wurde bereits im 19. Jahrhundert durch eine Kopie ersetzt. Der grüne Ofen ist eine historistische Arbeit und verweist auf ein Nürnberger Vorbild des 16. Jahrhunderts. Er zeigt Profilköpfe der Habsburger Könige.

Ledertapeten

Das Schloss zu Jever besitzt einen der umfangreichsten Bestände an Ledertapeten in Deutschland. Sie wurden während der Regierungszeit Fürst Johann Ludwigs von Anhalt-Zerbst 1743 zur Ausstattung von insgesamt vier Räumen von Zerbst nach Jever bracht. Da sie seit dieser Zeit innerhalb des Schloss immer wieder umgehängt und passend zugeschnitten wurden, sowie schadhafte Teile ausgesondert wurden, hat sich heute sicherlich nur noch etwa die Hälfte des ursprünglichen Bestandes erhalten. Die Ledertapeten wurden in der süd-niederländischen Werkstatt Mecheln in den Jahren 1703 bis 1742 hergestellt. Das Leder wurde vollständig mit Blattsilber belegt, gefirnisst, daher resultiert die goldene Farbe, und anschließend mit Modeln geprägt und mit Blumen, Laubwerk, Ranken bemalt. Im Edzard-Zimmer befindet sich ein besonders schönes Motiv: zwei Vögel naschen Früchte aus einem üppig gefüllten Korb.

Die Treppe

Die repräsentative Holztreppe mit den vergoldeten Knöpfen und dem Handlauf aus Mahagoni ist erst 1836 im Schloss eingebaut worden. Sie ist nach einem Einwurf des Oldenburger Hofbaumeisters Otto Lasius einstanden. Vorher konnten die Etagen durch kleine Treppentürme, die im Innenhof lagen, erschlossen werde. Zusätzlich gab es seit dem 18. Jahrhundert einen überdachten Verbindungsgang, der von der ersten Etage des Schlosses auf den äußeren Schlosswall führte.

Nachdem diese Treppe in den fünfziger Jahren des 20. Jahrhunderts einmal versetzt wurde, ist sie seit 2000 wieder an ihrem ursprünglichen Platz.

Der Turm

Der dicke Turm gehört zu den ältesten erhaltenen Bauteilen des Schlosses. Er wurde im 15. Jahrhundert ausgebaut und schließlich 1505 vollendet. Seine mächtigen, bis zu fünf Meter dicken Mauern sind in Zweischalenbauweise aufgeführt. Hierbei wurden die Außen- und Innenmauer mit Ziegeln aufgemauert. Der Zwischenraum wurde mit Bauschutt, darunter auch Feld- und Tuffsteine der hochmittelalterliche Kirche, aufgefüllt. Der Mörtel wurde mit Muschelkalk hergestellt, der von den Muschelbänken im friesischen Wattenmeer gewonnen wurde. Kleine Muschelschalen kann man noch heute im Mörtel entdecken. Schwere Eisenanker erhöhen den Zusammenhalt der Schalenmauern.

Um 1730 wurde die alte Turmspitze abgetragen und durch eine repräsentative hölzerne Haube in barocker Zwiebelform ersetzt. Der regierende Zerbster Fürst Johann August ließ 1736 eine Wetterfahne mit einem jeverschen Löwen als Wappenträger für das Zerbster Wappen an fertigen. Seine Initialen bekrönen die Turmspitze.