Die Geschichte der Jeans: Eine originale 70er Jahre Jeans [74]

Die Jeans gilt bei uns als ein Alltagskleidungsstück, das jeder von uns besitzt. Ob mit engem oder mit weitem Bein, Rissen oder Flicken, die Jeans, wie wir sie heute kennen findet man in jeder erdenklichen Ausführung. Doch wenn man auf die Ursprünge zurückschaut, sah das einmal ganz anders aus. Levi Strauss, Gründer der gleichnamigen Jeansmarke LEVI’S®, gilt als allgemeiner Erfinder des Kleidungsstückes. In den 1860ern und 70ern vertrieb der in Deutschland geborene Amerikaner vor allem Alltagsbedarf für Goldgräber in San Francisco, darunter auch Hosen, welche damals noch aus Segeltuch geschneidert wurden. Zur gleichen Zeit hatte der in Reno lebende Schneider Jacob Davis eine bedeutende Idee, als er gebeten wurde eine robuste und kostengünstige Hose für einen Mann zu schneidern, dessen eigene immer wieder kaputt ging. So kam ihm die Idee, die Hose mit Nieten zu verstärken, was er nach einem erfolgreichen Ergebnis dann auch bei seinen anderen Hosen weiterführte. Zu seinem Nachteil fand diese Methode schließlich auch bei anderen Schneidern in der Gegend Beliebtheit, weswegen Davis ein Patent darauf beantragen wollte. Da ihm selbst aber das Geld fehlte, wendete er sich an Strauss, mit welchem er dann am 20. Mai 1873 gemeinsamer Inhaber des Patentes wurde.
Eine gerade geschnittene Jeans der 70er Jahre der Marke Wrangler in heller Waschung, Vorderseite.
Eine gerade geschnittene Jeans der 70er Jahre der Marke Wrangler in heller Waschung, Rückseite.
Erst später bekam die Jeans ihren typischen blau gefärbten Baumwollstoff Denim, welcher aus der französischen Stadt Nîmes stammte, wovon sich auch der Name ableiten lässt (“de Nîmes” franz., übersetzt: “aus Nîmes”). Mittlerweile erfreute sich die Hose großer Beliebtheit in der Arbeiterklasse, beispielsweise bei Holzfällern oder Soldaten. Bis in die 30er Jahre wird die Jeanshose noch charakteristisch mit Hosenträgern getragen und ist ausschließlich “Ribcage” geschnitten, was so viel wie “Brustkorb” bedeutet, sie also einen besonders hohen Bund hat.

Nach dem zweiten Weltkrieg gelangte sie schließlich durch die amerikanischen Soldaten auch zu uns nach Europa, wo die Jeans zum ersten Mal 1948 in der L. Hermann Kleiderfabrik in Künzelsau hergestellt wurde. Die Firma ist seit 1958 unter dem uns heute geläufigen Namen “Mustang” bekannt. Im darauffolgenden Jahrzehnt hatte das einstmalige Arbeitskleidungsstück schließlich seinen Durchbruch bei der europäischen Jugend, die die Jeans als Symbol der Rebellion und Abgrenzung von der Elterngeneration trugen, weshalb die Jeans auch von den älteren Generationen noch deutlich abgelehnt wurde. Auch Berühmtheiten wie Jackie Kennedy und die Filmstars James Dean und Marlon Brando steigerten die Bekanntheit der “Texashosen”, wie sie in Deutschland vielfach genannt wurden.

In den 60ern wurde die Jeans nur noch beliebter bei der Jugend und wurde häufig mit Fransen oder selbstgestanzten Nieten verziert, um den rebellischen Charakter zu betonen. In den 70ern fingen mit der äußerst beliebten Schlaghose nun auch Erwachsene an, Gefallen an der Jeans zu finden. Die schlichte Jeans wurde schließlich zum Alltagsstück. Im Gegensatz dazu standen die zerrissenen, geflickten, bestickten und ausgefransten Jeans der Jugendlichen.

Auf den Abbildungen ist die vorliegende Männerjeans der 70er Jahre zu sehen, welche im Rahmen einer Sonderausstellung in die Sammlung gekommen ist. Sie ist in einem geraden Schnitt und einer hellen Waschung. Es war nicht unüblich, eine Lieblingsjeans wie diese stark zu modifizieren, wie hier zum Beispiel mit mehrfachen Flicken und Rissen als Verzierung und Individualisierung, die entweder als Reparatur oder aber auch ganz gezielt angebracht geworden sein konnten. Die seit 1967 in Deutschland eingetragene Marke “Wrangler” war damals wie heute eine der bekannten Jeansmarken.

Das neue Genre der Discomusik, welches sich am Anfang der 70er eher als Underground geltend entwickelt, wird 1974 zur eigenen Musikrichtung erklärt und geht mit bekannten Titeln wie “Kung Fu Fighting” von Carl Douglas oder auch “Shame, Shame, Shame” von Shirley & Company schließlich vollständig in den Mainstream über. Die Musikrichtung ist vor allem unter den jungen Leuten beliebt und prägt sowohl die Jugendkultur als auch die gesamte Gesellschaft der 70er, was Mode und Zeitgeist angeht.

Bunte, selbstgemachte Nähte an der Jeans.

Leider ist wenig über die Benutzung dieser Hose bekannt, aber es lässt sich vermuten, dass das Kleidungsstück viel getragen und sicher eher als unkonventionell von der Umgebung eingestuft wurde. Besonders auffällig neben den Rissen und Flicken sind die Glitzernähte, die der Jeans eine individuelle Note geben. Ob die Hose extra für das Tragen in der Disco verziert wurde, muss offen bleiben. In Discotheken und Tanzclubs waren sicher mehr Freiheiten in Puncto Kleidung und Aussehen bzw. Aufmachung erlaubt, zudem boten sie für die Jugend der 70er einen wichtigen Treffpunkt, entfernt von den Traditionen, von denen sie sich so dringend absetzen wollten.

In den 80er Jahren wird dann vor allem die Karottenjeans beliebt. Der Name beschreibt ein hohen taillierten Bund ein weites Bein und einen wieder zulaufenden Abschluss. Waschungen wie “Stonewashed”, die der Jeans einen Used-Look gaben, fanden große Beliebtheit. Auch die heutig noch beliebte Röhrenjeans wurde in den 80ern zum ersten Mal auf den Mark gebracht.

In den 90ern wurden die Jeans im Gegensatz breiter als nie zuvor und die sogennante Baggy-Jeans, welche meist nur auf dem Hüftknochen saß, wurde sowohl von Männern als von Frauen getragen.

In den 2000ern kommt schließlich wieder die Röhrenjeans auf, welche hauptsächlich mit niedrigem Bund getragen wurde. Oft waren diese mit bunten Nieten, glitzernden Stickereien oder anderen Details verziert.

Diese Zeitgeschichte führt uns schließlich zu der Jeans wie wir sie heute kennen, welche über die Jahrzehnte durch die verschiedensten Dinge geprägt wurde, wie etwa der Discobewegung der 70er.

Luisa Finke