Die Schlossnäherinnen [Blog]

„Ein Kleid schöner als das andere.“ Sophia ist begeistert von den Kleidern, die im Geburtstagszimmer des Schlossmuseums zur Auswahl stehen. Die Entscheidung fällt der Elfjährigen merklich schwer – aber ihre Augen leuchten, als ihre Wahl auf ein blaues Prinzessinnen-Kleid mit goldenen Applikationen fällt. Die liebevoll von Hand geschneiderten Kostüme der Schlossnäherinnen des Schlossmuseums Jever sind bei den Kindern beliebt. Und das nicht nur bei den Mädchen: Für die Jungen gibt es Ritterkostüme und Prinzenumhänge. Dazu gibt es viel Schmuck, Steckenpferde und natürlich Schwerter für die kampfbegeisterten Mädchen und Jungen.

Die Kinderträume aus Stoff, Tüll und Spitze entstehen in der Schlossnäherei. Seit mittlerweile 15 Jahren treffen sich die sieben Frauen der ehrenamtlichen Schlossnäherinnen. Das Gründungsmitglied, Karin Dörjes, erinnert sich an die Anfänge: „Ich habe mit den Kindern Geburtstag gefeiert und nahm die Kleider anschließend mit zum Waschen nach Hause“. Doch irgendwann wurde es ihr zu viel: „Es blieb nicht beim Waschen, die Kleider mussten auch geflickt werden“.

Aus den anfänglich kleinen Kleiderreparaturen wurde schnell die Nachfrage nach neuen Kostümen. Und das konnte und wollte Karin Dörjes nicht mehr allein bewältigen. Deshalb gab die ehemalige Handarbeitslehrerin eine Zeitungsanzeige auf. Daraufhin meldeten sich unter anderem auch die heutigen Mitglieder der Schlossnäherei. Die Nähwerkstatt war geboren. Mittlerweile treffen sich die Schlossnäherinnen zwei Mal monatlich in den Räumen der Museumspädagogik zum Klönen und zum Handarbeiten. Sie sammeln schöne Stoffe von Bekannten und Verwandten und auch Schmuck, Handschuhe und andere Accessoires, die man als Prinzessin brauchen könnte.

Während der Coronazeit mussten die Näherinnen zwei Jahre aussetzen, die laufenden Bauarbeiten im Schloss verhindern derzeit die regelmäßigen Treffen im Schloss. Aber davon lassen sich die Frauen nicht abschrecken: „Dann machen wir eben von zu Hause aus weiter“, sagt Dörjes.

In diesem Jahren feiern die Schlossnäherinnen ihr 15jähriges Jubiläum. Dazu haben sie einen eigenen Wimpel mit Schlosslogo entworfen und offiziell eine Spende von 300 Euro an die Museumsleiterin Prof. Dr. Antje Sander übergeben. Das Geld haben die Frauen an einem Stand auf dem jährlich stattfindenden Familienfest des Schlossmuseums zusammen bekommen. Der Betrag geht nach dem Willen der Frauen zurück an die Schlossnäherei, zum Beispiel für den Kauf von Stoff oder anderem Zubehör. Die Schneiderinnen können aber nicht nur Prinzessinnenkleider schneidern. So haben sie im vergangenen Jahr zum Beispiel ein nach historischem Schnittmuster genähtes Biedermeierkleid angefertigt. Auch für die Müller der jeverschen Schlachtmühle haben sie schon Hemden genäht.

Auch 2023 wird für die Schlossnäherinnen ein arbeitsreiches Jahr. Es gibt Anfragen aus der Museumspädagogik nach neuen Kleidern nach alten historischen Schnittmustern, und dann wartet schon wieder das Familienfest Anfang September. Ihr Stand bei der beliebten Veranstaltung ist stets von Kindern umlagert. Die Frauen lassen sich immer etwas Kreatives zum Mitmachen einfallen.

Sophia ist glücklich mit ihrem blauen Kleid. Und doch: Da gibt es ja noch so viele andere Kostüme zum Ausprobieren. Die Elfjährige ist Mitglied der Schlossführer-Arbeitsgemeinschaft des Mariengymnasiums. Auch sie liebt es, sich zu verkleiden und freut sich schon auf die nächste AG-Stunde. Denn, so der junge Schloss-Fan: „Es gibt ja noch so viele schöne Kleider!“

Von Elisabeth Wilken